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Sie sind unsere täglichen Begleiter, berichten uns über das Wetter, zeigen uns die neuesten Trends, geben uns Rezept- und Fitnesstipps, helfen uns pünktlich an unser Ziel zu kommen und die Termine zu koordinieren. Unsere Handys sind „smart“ geworden und der eigentliche Zweck – Telefonieren – ist mittlerweile eher nebensächlich. So verbringen junge Menschen täglich durchschnittlich ca. 3,5 Stunden mit ihren Smartphones, um zu Chatten, Videos zu streamen oder die Sozialen Medien zu nutzen.
Auch für uns war das Smartphone während der Reise ein treuer Begleiter – nicht zuletzt, um mit Bildern und Videosequenzen unsere Reise festzuhalten und euch jetzt farbenfroh davon berichten zu können. Bei unserer Tour durchs Outback haben wir eine stillgelegte Silbermine besucht, in der vor vielen Jahren einer der wertvollsten Rohstoffe abgebaut wurde. Über diese Tour haben wir bereits ausführlich in unserem letzten Reiseartikel „Green Steps im Outback und der rote Sandsturm (1/7)“ berichtet. Wie beengend und hart die Arbeit in so einer Mine sein muss, können wir uns trotz dieser Eindrücke kaum vorstellen.
Diese konkrete Mine ist zwar bereits seit vielen Jahren stillgelegt, jedoch gibt es verstreut in der Welt zahlreiche Minen, welche offiziell und auch inoffiziell betrieben werden. Eine große Nachfrage nach deren Erzeugnissen entsteht beispielsweise durch unseren Konsum an Elektrogeräten; insbesondere den Smartphones. Dies haben wir zum Anlass genommen, uns intesiver mit dem Innenleben von Smartphones zu beschäftigen und zu zeigen warum ein Recycling unserer Altgeräte so wichtig ist. Denn in den kleinen, flachen Geräten steckt auch nach der Nutzungsphase noch jede Menge Potential.
Wusstest du, dass allein in deutschen Haushalten um die 100 Millionen Handys ungenutzt in den Schubladen liegen?
Die Smartphone-Bestandteile
In einem Smartphone sind Komponenten aus Kunststoff, Metall, Glas und Keramik in folgendem Verhältnis verbaut:

Ein großer Anteil (56%) ist hierbei mittlerweile Kunststoff, welcher grundsätzlich – abhängig von der Kunststoffart – gut recycelbar ist. Der Fokus unseres Artikels liegt aber auf dem zweitgrößten Bereich (25%) „Metalle“, da diese in Minen abgebaut werden und einen zentralen Grund darstellen, warum es wichtig ist, unsere Altgeräte zu recyceln.
Duchschnittlich besteht ein Smartphone aus ca 60 verschiedenen Materialien, wovon ungefähr 30 Metalle sind. Dazu gehören Eisen, Aluminium, Kupfer, Gold, Platin und Silber. Es sind aber auch sogenannte „Seltene Erden“, „Kritische Metalle“ sowie „Konfliktrohstoffe“ enthalten. Doch was bedeutet das eigentlich?
Seltene Erden (auch: Seltenerdmetalle)
„Seltene Erden“ sind – obwohl der Name etwas irreführend ist – Metalle und nicht alle von ihnen sind selten. Insgesamt gibt es 17 verschiedene Seltene Erden, wobei 95% des Vorkommens aus den vier Rohstoffen Cer, Lanthan, Neodym und Praseodym besteht. Neodym und Cer sind beispielsweise auch in Smartphones enthalten. Dies aber in so kleine Mengen im Verhältnis zur Gesamtmasse, dass sich der Aufwand für die Recyclingunternehmen nicht immer „lohnt“.
Seltene Erden werden aus Erzen gewonnen (werden also nicht direkt abgebaut, sondern erst später unter anderem mit Schwefelsäure aus dem Erz heraus gelöst) und kommen immer im Verbund mit anderen Seltenen Erden vor. Man findet diese z.B. in China, Brasilien, Vietnam, Russland, Indien und Australien, wobei sich die zwei größten Minen in Bayan Obo (China) und Mount Weld (Australien) befinden. Gewonnen werden diese anschließend vorallem in China, Malaysia und Thailand.

Bei diesen Prozessen entstehen toxische Abgase, welche Schwermetalle, Schwefeldioxid, Staub, Flusssäure und Schwefelsäure enthalten sowie saure Abwässer und radioaktive Schlämme (durch das entstehende radioaktive Thorium). Dies hat massive Auswirkungen auf die Luft-, Wasser- und Grundwasserqualität der Umgebung. Untersuchungen der chinesischen Großmine in Bayan Obo (innere Mongolei) haben gezeigt, dass diese toxischen Stoffe zum Teil ohne Behandlung in die Umwelt geleitet werden oder im Boden einsickern, wo sind schließlich ins Grundwasser gelangen. Dies hat gesundheitliche Auswirkungen auf Mensch, Tier und auf die Vegetation. Kurz gesagt: Eine riesen Umweltsauerei.
Die ortsansässigen mongolischen Nomaden haben durch diese giftigen Belastungen nicht nur mit den gesundheitlichen Folgen wie Krebs, Osteoporose und Zahnausfall zu kämpfen, sondern auch mit Landraub im großen Stil. Vom Land, welches einst Ihre Heimat war, wurden sie durch Großunternehmen zum Abbau der Seltenen Erden vertrieben.
Kritische Metalle
Diese Kategorie ist schnell erklärt: Bei „Kritischen Metallen“ handelt es sich um solche, welche global betrachtet allmählich knapp werden. Materielle Ressourcen sind nicht unendlich vorhanden. Zu diesen Metallen gehören beispielsweise Kobalt, Gallium, Indium, Niob und Wolfram.
Eine Wiedergewinnung aus Altgeräten ist daher eine sehr wichtige Rohstoffquelle.
Konfliktrohstoffe
Bei Konfliktrohstoffen handelt es sich um Stoffe, welche in Krisenregionen abgebaut werden. Diese „Krisen“ entstehen teilweise sogar erst beim Kampf um die heißbegehrten Rohstoffe, welche zum Teil illegal abgebaut werden.
Im Zusammenhang mit Smartphones rückt insbesondere die Demokratische Republik Kongo in den Fokus. Hier wird das Mineral Coltan abgebaut aus welchem dann anschließend das Metall Tental gewonnen wird. 80% der weltweiten Vorkommen an Coltan befinden sich in der Provinz Kivu (im Osten der Demokartischen Republik Kongo), welche aus wirtschaftlichen Gründen hart umkämpft ist. Kongolesische Soldaten kämpfen gegen Soldaten aus angrenzenden Ländern, wie Ruanda, Uganda oder Milizen. Schätzungsweise eine halbe Million kongolesische Soldaten kamen bei diesen Kämpfen bisher ums Leben.
Zudem werden vermehrt große Flächen des ansässigen Regenwaldes abgeholzt, um an die Rohstoffe zu gelangen. Somit schwindet immer mehr wertvoller Lebensraum von den gefährdeten Berggorillas, Elefanten, Raubkatzen und anderen kleineren Säugetieren.

Auch die vorkommenden Rohstoffe Gold und Diamant führen im Kongo zu wirtschaftlich begründbaren Konflikten, Umweltverschmutzungen, Versklavungen und Gesundheitsschäden für die Bevölkerung.
Ebenfalls im Kongo – auch für unsere Smartphones – : Kobaltabbau für Akkus. 60% des weltweiten Kobalts kommt von dort und wird oftmals von Kindern illegal aus handgegrabenen (!) Löchern geholt. Alleine in der Provinz Katanga arbeiten schätzungsweise 20.000 Kinder in den Minen und/oder beim Auswaschen der Metalle vom Geröll. Todesfälle sind hier keine Seltenheit.
Im Kongo ist Kinderarbeit eigentlich verboten. Die großen Bergbaukonzerne scheinen sich dran zu halten, aber in den zahlreichen wilden Minenfeldern sieht die Situation ganz anders aus: Die Polizei ist korrupt, drückt gerne mal beide Augen zu und steckt einen Großteil der Gewinne in die eigene Tasche.
All diese negativen Entwicklungen mit unwürdigen Lebensverhältnissen für Millionen von Menschen in den Abbaugebieten, werden durch profitorientierte Hersteller, Großkonzerne und auch durch unser eigenes Kaufverhalten, hervorgerufen und sogar provoziert.
Was können wir als Verbraucher tun?
1.) Nicht ständig neue Smartphones kaufen: Geht mit euren technischen Geräten sorgsam um; repariert diese, wenn sie kaputt sind (z.B. tauscht gegebenenfalls einzelne Komponenten selbst aus oder lasst sie austauschen). Es ist auch eigentlich überhaupt nicht notwendig immer das neuste Modell zu besitzen, oder?
2.) Beim Neukauf auch nachhaltige (also ökologische & soziale) Kriterien miteinbeziehen: Beispielsweise versucht die Marke „fairphone“ möglichst nachaltig und transparent zu arbeiten und die Probleme in dieser Branche zu lösen. Auch bei Smartphones von anderen Marken könnt ihr beim Kauf auf einiges achten: Beispielsweise, dass die Geräte sich gut reparieren lassen und sich der Akku (der am ehesten mal schlapp macht) austauschen lässt.
3.) Alte Geräte einreichen und ein Recycling ermöglichen: Die Wiederverwendung von Rohstoffen senkt den Primärbedarf dieser Stoffe und entlastet Minen und Krisengebiete in zahlreichen Ländern dieser Erde.
Recycling
Ungefähr 80% der Smartphonebestandteile können problemlos wiederverwertet werden.
Bei Wertstoffhöfen könnt ihr neben alten Smartphones jegliche Art von Elektrogeräte einreichen. Diese werden dort in sechs Sammelgruppen sortiert, um sie fachgerecht demontieren zu können. Dies stellt nicht nur wertvolle Rohstoffe für die Wiedernutzung bereit, sondern garantiert, dass weder Mensch noch Umwelt an den Altgeräten Schaden nehmen. Beispielsweise fallen batteriebetriebene Geräte sowie Batterien selbst in eine gemeinsame Kategorie. Bei folgenden Bearbeitungen wird explizit darauf geachtet, dass die Batterien nicht beschädigt werden, da ansonsten Säuren und Schwermetalle austreten können. Aus diesem Grund ist es wichtig zu sagen: Batterien gehören niemals in den Restmüll! Auch Wärmeübertrager (wie Kühlgeräte) werden dann gesondert behandelt, wenn diese Fluorchlorkohlenwasserstoffe beinhalten.
Überlasst eure Altgeräte also gerne den Experten, denn dort sind sie am besten aufgehoben.
Kleiner grüner Extratipp zur Lebensdauer von Akkus: Ladet eure Smartphones am besten nicht über Nacht auf. Eine so lange Ladezeit verbraucht unnötige Mengen an Energie und kann eurem Akku schaden. Innerhalb der Nacht ist dieser mehrmals voll geladen, entlädt sich wieder ein kleines bisschen, läd wieder voll, endläd sich wieder, usw. und das kann auf lange Sicht den Akku schädigen. Manche Geräte besitzen daher mittlerweile einen einstellbaren Nachtlademodus, um diesem Problem entgegenzuwirken. Am besten geht es eurem Akku bei einem Ladestand zwischen 50 und 80%.
Quellen:
Klicke, um auf IZMF_Factsheet_Lebenszyklus_2015.pdf zuzugreifen
Klicke, um auf umsoress_fallstudie_seltene_erden_china_bayan_obo.pdf zuzugreifen
https://institut-seltene-erden.de/china-abbau-seltener-erden-gefaehrdet-nomaden
https://www.planet-wissen.de/natur/fluesse_und_seen/kongo/pwiekampfumdiekongoschaetze100.html